Sächsische Postgeschichte

Für alle besonders geschichts- und postinteressierten Besucher dieser Seite gibt es hier einen Bericht über die gesamte sächsische Postgeschichte, welcher mit freundlicher Unterstützung des Dresdner Verkehrsmuseums entstanden ist.


Die erste Post

Die Anfänge eines Postwesens in Sachsen gehen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts zurück. Zunächst existierte jedoch ein ausschließlich behördliches Botensystem. Diese kurfürstliche Hofpost war nicht öffentlich.
1613 wurde die staatliche sächsische Post gegründet, die zunächst als Fußpost eingerichtet wurde und später als Reiterpost weiter ihre Dienste verrichtete. Die erste fahrende Post gab es ab 1660. Diese führte von Leipzig nach Berlin. Innerhalb von Sachsen wurde die erste fahrende Post am 30. August 1683 eingerichtet und fuhr zweimal in der Woche von Leipzig nach Dresden. Mit dieser Postkutsche wurden Pakete, Briefe und auch Personen befördert. 1692 begann die zweite Fahrverbindung innerhalb Sachsens ihren Dienst auf der Strecke von Leipzig nach Schneeberg.

Entwicklung der Postkutschen


Post- und Taxordnung

Am 16. Mai 1693 erschien eine Post- und Taxordnung, in der die Postgebühren und der einheitliche Betrieb der Postdienste geregelt wurden. Das Fahrgeld der gewöhnlichen Post betrug 5 Groschen pro Meile und Person plus 1 Groschen Trinkgeld an den Postillion je Station und 2 Groschen Schmiergeld an den Wagenmeister für das Schmieren der Achsen an jeder Station.


Die Extra-Post

Neben der gewöhnlichen Post konnten Personen, die es besonders eilig hatten und es sich leisten konnten mit der Extra-Post fahren. Dafür nutzte man eine eigene Kutsche oder mietete sich eine. Die Poststationen wurden ausschließlich für den Pferdewechsel genutzt. Das aufwendige Auf- und Abladen der Pakete und Briefe entfiel und somit war man um einiges schneller am Ziel angelangt.


Postordnung

1713 wurde eine 72 Paragraphen umfassende Postordnung erlassen, die vor allem den Reiseverkehr mit den Fahrposten regelte und auch zur Erhaltung und Verbesserung der Landstraßen diente. Denn wegen schlechter Straßen und um die Geleitsgelder zu umgehen, wichen die Fuhrleute immer häufiger auf Nebenwege aus. Die Postordnung blieb im Wesentlichen fast 150 Jahre lang bestehen.

Verein für Sächsische Postgeschichte und Philatelie e.V.


Vermessung der Poststrassen und Aufstellung der Postmeilensäulen
Bereits 1695 wurde vom sächsischen Oberpostmeister Ludwig Wilhelm für die Straße Leipzig-Dresden eine systematische Ausmessung mittels in regelmäßigen Abständen erstellter hölzerner Wegsäulen vorgeschlagen. Der Kurfürst Friedrich August von Sachsen erließ daraufhin 1695 den Befehl „dass gewisse Meilenseulen gesetzet werden“.

Am 12. April 1713 beauftrage Kurfürst Friedrich August I. Adam Friedrich Zürner mit der Vermessung der Poststraßen und der Anfertigung einer Post-Karte: „Aemter samt denen darinnen befindlichen Herrschaften, Rittergütern, Städten, Dörfern und dergleichen mehr in mappas geographicas bringen“. Die damals in Karten schon vorhandenen Entfernungsangaben waren sehr ungenau, weshalb diese von Zürner neu ermittelt werden mussten. Dazu konstruierte er den „Geometrischen Messwagen“, ein in einer Kutsche angebrachter Mengenzähler, bei dem das Hinterrad über ein Schneckengetriebe ein Zählwerk antrieb. Es gab auch ein so genanntes Einzelrad, das über die Umdrehung des Rades ebenfalls die Entfernung maß. Beide Methoden ermöglichten eine sehr genaue Vermessung der Straßen.

Auch die Maßeinheit für die Entfernungen wurde am 17. März 1722 vereinheitlicht zur „Kursächsischen Postmeile“, wobei 1 Meile 9,062km entsprach. Auf der Grundlage Zürners Vermessungen verfügte der Sächsische Kurfürst 1721, dass an jedem Stadttor eine steinerne Distanzsäule aufgestellt werden sollte. Für deren Bau mussten allerdings die Untertanen selbst aufkommen. Aus Ersparnisgründen wurden aber in einigen Städten statt der Distanzsäulen vor jedem Tor nur eine im Zentrum der Stadt aufgestellt. Bei den kursächsischen Postmeilensäulen handelt es sich um Distanzsäulen, Viertelmeilensteine, Halbmeilensäulen und Ganzmeilensäulen, die entsprechend der Entfernung an der jeweiligen Poststraße aufgestellt wurden und fortlaufende Nummern trugen (siehe auch Historie der Postsäulen). Auf diese Weise entstand ein für seine Zeit außergewöhnlich genaues System, welches sich vor allem durch die landesweite Umsetzung, die hohe Präzision der Entfernungsangaben und natürlich durch die zum Teil prunkvolle Säulengestaltung als Sächsische Glanzleistung auszeichnet.

Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen e.V.


Die Ablösung der Postkutsche durch die Eisenbahn

Um 1830 hatten die Postkutschenverbindungen in Sachsen bereits einen großen Umfang angenommen. Jedoch schon 10 Jahre später verloren die Postkutschenverbindungen an Einfluss, da nun die Eisenbahn für die Beförderung von Briefen, Paketen und auch Personen immer wichtiger wurde. Die Anzahl der Fahrposten ging demnach stark zurück. Am 1. Juli 1859 trat außerdem ein neues Postgesetz in Kraft, das zugleich die Postordnung von 1713 ablöste. Gleichzeitig wurde eine Postmeile neu mit 7,5 km festgelegt. Somit hatten die kursächsischen Postmeilensäulen ausgedient und wurden durch neue Meilensteine ersetzt. Auch nach der Gründung des Deutschen Reiches und damit in Verbindung der Deutschen Reichspost 1871 gab es noch eine Reihe von Postkutschenverbindungen.

Sachsen unter Dampf


Wiedererwachen der Poststraßen

Nachdem die letzte reguläre Postkutschenlinie 1937 auf Kraftomnibusse umgestellt wurden war, kam immer mehr der Wunsch auf, die Erinnerung an die Postkutschen wach zu halten. Deshalb wurde die Firma Nowack in Bautzen 1938 mit dem Nachbau von 23 historischen Postkutschen von der Deutschen Reichspost beauftragt. Mit diesen Postkutschen sollten zwar keine Linienfahrten, jedoch romantische Kutschfahrten unternommen werden. Trotz des Krieges wurden auch Anfang der 1940er Jahre wieder Postkutschenlinien im Erzgebirge betrieben. Die am 26. August 1938 eröffnete Linie Oberschlema – Eibenstock fuhr bis zum 6. Oktober 1940, danach mussten Kutscher und Pferde zum Militär.

Auch am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden provisorisch einige Postkutschenlinien eingerichtet, die sich zum Teil mehrere Jahre hielten. Dies geschah jedoch mehr oder weniger mangels anderer Kraftfahrzeuge.

Danach gab es noch vereinzelt touristische Linien. Beispielsweise fuhr im Herbst 1952 täglich eine Postkutsche von Sebnitz nach Bad Schandau. Tagsüber fuhr sie in Bad Schandau zwischen Bahnhof, Markt, Schmilka und der Gaststätte „Waldhäusel“ im Kirnitzschtal. Diese Postkutsche fasste 10 Personen und transportierte auch Briefpost, Päckchen und eilige Pakete.

Seit einigen Jahren erwachen auch die alten Postrouten im Tharandter Wald, im Osterzgebirge und entlang der Sächsischen Schweiz wieder zu neuem Leben. Genauer gesagt sind das die Alte und Neue Dresden-Teplitzer-Poststraße, die Müglitztalstraße, die Kammstraße und die Dresden-Freiberger-Chausee. Denn heut zutage erfreuen sich diese historischen Poststraßen abermals einer wachsenden Aufmerksamkeit – diesmal jedoch aus touristischer Hinsicht. Alle diese Routen führen durch das „Land der Historischen Poststraßen“. Noch heute finden sich zahlreiche Postmeilensäulen und Meilensteine im Land der Historischen Poststraßen, teils verwittert, teils liebevoll restauriert. Inzwischen fahren auch wieder zwei vierspännige, originalgetreue Postkutschen vom Typ Mail Coach auf diesen alten Poststraßen entlang und entführen die Postkutschenreisenden in längst vergangene Zeiten…


Entwicklung der Postkutschen und -uniformen – 18. Jh. bis Neuzeit

In Kursachsen und auch angrenzenden Landen waren noch bis Anfang des 19. Jh., neben den Postreitern, einfache, ungefederte Postkutschen in Form von „Korbpostwagen“ als „fahrende Posten“ zur Post- und Personenbeförderung im Einsatz, die u. a. rot oder gelb gestrichen waren. Ein Nachbau davon ist heute im Osterzgebirgsmuseum Schloss Lauenstein zu sehen. Teilweise waren die Postkutschen auch mit Planen als Wetterschutz ausgestattet. In diese Zeit gehören die bekannten, steinernen Kursächsischen Postmeilensäulen nach römischem Vorbild und die hölzernen Armwegweiser mit Entfernungsangaben in Wegstunden (1 Stunde = 4,531 km). Die Postillione trugen gelb-blaue Uniformen und einen schwarzen Dreispitz im Stil der sächsischen Hofuniform und gaben mit dem Posthorn ihre Signale.
Erst im 19. Jh. setzten sich, zunächst mit Riemen und später mit Stahlfedern versehene Postkutschen in Form der Berline durch, die auch noch grün oder gelb gestrichen waren. Statt der hölzernen Armwegweiser wurden in dieser Zeit steinerne Wegweisersäulen aufgestellt. Die Mailcoach gelangte in der Biedermeierzeit, Mitte des 19.Jh., als Postkutschentyp von Großbritannien über Frankreich nach Deutschland. Das letzte Original aus der Sammlung des Grafen Luckner (Dresden-Altfranken) steht in der staatlichen Kutschensammlung von Schloss Augustusburg bei Flöha. Die Uniformen der Postillione veränderten sich hin zum gelb-blauen französischen Kollett (Reitjacke) mit schwarzem Zweispitz und später Lederzylinder sowie der militärischen Posttrompete als Signalinstrument. Zu dieser Zeit trat schon die Eisenbahn ihren Siegeszug an, deren Wagen zunächst noch die Postkutschenform hatten. Es entstanden auch neue Königlich-sächsische Meilensteine als Wegmarkierung an den Chausseen mit Entfernungsangaben in Meilen (1 Meile = 7,5 km).

Ende des 19. Jh. setzten sich mit der Reichseinigung, nach preußischen Vorbild, einheitliche Postkutschen, u. a. in Form der Berline, der Berline mit Copé, des Postbusses und des Karriolpostwagens durch, die ein- bis fünfspännig oft nur noch kurze Zeit parallel zur Eisenbahn bzw. bis zur Einführung der Kraftfahrzeuge fuhren. Zudem ergänzten die sächsischen Schmalspurbahnen das Eisenbahnnetz zunehmend auch im ländlichen Raum. Aus den Meilensteinen stellte man um 1900 oft Kilometer- bzw. Straßenwärtersteine her. Die Postuniformen waren nun preußisch blau mit schwarzer Melone bzw. Lederzylinder und das Posthorn wurde wieder verwendet. Die mit den klassischen schwarz-gelben Postfarben oder nach 1918 mit einfachem schwarzem Anstrich versehenen Postkutschen waren in Sachsen nur in Einzelfällen bis Ende der 1920-ger Jahre im Einsatz. Die letzte originale sächsische Postkutsche vom Typ Berline steht im Schloss Pfaffroda im Erzgebirge und ein originalgetreuer Postbus im vogtländischen Mylau.
Doch schon bald wurden anstatt der Kraftomnibusse auch wieder Postkutschen, nun für Touristen, eingesetzt. Diese wurden ab 1938 in Bautzen als modernisierte Berline mit Copé im Auftrag der Deutschen Reichspost für 25 deutsche Kurorte gebaut. Originale davon sind heute in Sachsen noch in Oberwiesenthal und Aue sowie ein Nachbau im Landgestüt Moritzburg im Einsatz. Hinzu kamen ab 1939 Postschlitten der Reichspost im Erzgebirge und Vogtland. Diese Entwicklung wurde ab 1940 zunächst durch den Weltkrieg unterbrochen. Doch schon in den 1950-ger Jahren fanden wieder Postkutschenfahrten statt. Eine umfangreichere Wiederbelebung wurde jedoch erst nach 1990 möglich. So sind heute in Sachsen für touristische Zwecke nutzbare, originalgetreue Postkutschen u. a. in Langenbernsdorf bei Zwickau, Bad Düben, Stollberg / Erzg., Aue, Daubitz bei Niesky / OL, Oberwiesenthal, Hainichen, Grumbach (Wilsdruff), Grillenburg (Tharandt) und Pirna stationiert. Ein Postschlitten fährt seit 2007 schneeunabhängig im Tharandter Wald.


Posthorn und Posttrompete

Musikdirektor Werner Kunath schreibt in Sachsens Bläserpost des Sächsischen Blasmusikverbandes (SBMV) aus der sächsischen Blasmusikgeschichte über das sächsische Posthornwesen:
Fast täglich begegnet man an Briefkästen, Postautos, an Postdienststellen einem Emblem, das ein stilisiertes Horn zeigt, das Posthorn. Dieses Zeichen gehört so zum gewöhnten Lebensumfeld, dass man es zwar sieht, aber doch kaum noch bewusst wahrnimmt. Es zählt einfach zu den oberflächlichen Alltagseindrücken. Und doch hatte dieses Instrument über einige Jahrhunderte eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, kann man in begrenztem Sinne sogar von einer Posthornmusik sprechen. Um das klar darstellen zu können, einige Bemerkungen zur Entwicklung des Postwesens in Sachsen:

Zur Beförderung der kurfürstlichen Postsendungen (Briefwechsel, Erlasse, etc.) innerhalb und außerhalb Sachsens wurde durch Albrecht III. 1488 ein ständiger berittener Kurierdienst eingerichtet. Im Zusammenhang mit den Messen, der damit verbundenen anwachsenden Handelstätigkeit und der entstandenen Notwendigkeit, Mitteilungen zu verschicken, etablierte der Leipziger Magistrat 1595 ein Botenamt. Im Jahre 1613 änderte Kurfürst Johann Georg I. dieses Leipziger städtische Amt in ein kurfürstliches Amt um und setzte einen kurfürstlichen Postmeister ein. Die gesamte Brief-, Paket- und Personenbeförderung wurde damit landesherrlichen sächsischem Recht unterstellt. Der Postverkehr, vor allem durch Postkutschen, nahm sehr schnell zu. Bereits ab 1616 gab es regelmäßige Verbindungen nach Süddeutschland (Nürnberg), nach Berlin, Breslau und Prag. Eine erste offizielle sächsische Postordnung wurde 1661 unter der Regierung Kurfürst Johann Georg II. erlassen. Das sächsische Postwesen war nun eine staatliche Institution. Sachsen hatte sich damit auch aus dem kaiserlichen Postregal (=Recht) gelöst, das 1615 vom Kaiser dem Haus Thurn und Taxis für das Deutsche Reich zugesprochen worden war.

Mit Verabschiedung einer neuen sächsischen Postordnung 1713 wurde das Liniennetz des Postdienstes (reitende Boten, Postkutschen) beträchtlich erweitert, die Zahl der Poststationen vermehrt, eine Schnellpost eingeführt. Postmeilensäulen zeigten Stationen und Entfernungen an. Ein neuer Berufsstand hatte sich entwickelt, der des Postillions (auch Postillon geschrieben), unterteilt in reitende Postillione (Briefpost) und fahrende Postillione (Personen- und Frachtbeförderung, Postkutschendienst).

Im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts wurden die Postillione des Thurn und Taxisschen Postdienstes auf den damals schon betriebenen Strecken in Österreich und von Österreich aus (z.B. Wien-Brüssel) mit Signalhörnern ausgerüstet. Es waren mehrwindige Naturhörnern mit etwas ausladender Stürze und einem trompetenähnlichen Mundstück, vorwiegend in Es-Stimmung. Durch das kaiserliche Postregal kam das Posthorn auch in die deutschen Länder und wurde ebenfalls in Sachsen eingeführt. Hier baute man es in D-Stimmung.

Anfangs diente das Posthorn nur zum Blasen von Signalen, die sich aus der Tätigkeit der Postillione ergaben: Ankunft und Abfahrt der Postkutschen, Ankunft und Abgang der reitenden Kuriere, Ankunft und Abfahrt der Schnellpost (Extrapost), Anzahl der Wagen, Anzahl der Pferde, Signal zum Ausweichen, Notsignal. Die Übermittlung von Botschaften (Befehle im militärischen Bereich) durch geblasene Signale reicht bis in die Antike zurück. Darüber berichtet schon der jüdisch-römische Historiker Flavius Josephus (37-100 n.Z. ) in seiner „Geschichte des Jüdischen Krieges“. Der Römer Dio Cassius (Chronist, gest. 235 n.Z.) erwähnt 43 verschiedene Signale für die Tuba, die einröhrige römische Trompete. Charakteristisch für alle Signale ist die Dreiklangsmotivik, bedingt durch die Naturtonreihen der damals ventillosen Hörner und Trompeten, und die klare, prägnante rhythmische Form.

Überlieferungen (Reiseberichte) besagen, dass die Postillione auch während der Fahrt frei präludierend geblasen haben, volksartige Stückchen erfanden, zur Unterhaltung der Reisenden und zur eigenen Freude. Fanden sich einige Postillione auf einer Poststation zusammen, wurde auch gemeinsam in einfacher Mehrstimmigkeit musiziert. So entstand durch Weitergabe von Postillion zu Postillion ein bescheidenes Repertoire volksmusikalischen Charakters.

Dieses spontane „außerdienstliche“ Musizieren selbsterdachter oder im Rahmen der instrumentalen Möglichkeiten nachempfundener Melodien wurde durch die sächsische Postdirektion gewünscht und gefördert, um „die Freundlichkeit des Postverkehrs durch den Vortrag wohlklingender Melodien zu erhöhen“. Es muss damals in Sachsen unter den Postillionen gute Bläser gegeben haben, war doch auch ein Anreiz durch die hohe Bläserkunst der sächsischen Hof- und Feldtrompeter und der sächsischen Stadtpfeifer vorhanden. Viele Postillione mochten da nicht zurück stehen, obwohl sie es durch die Belastung ihres „Hauptberufes“ schwerer hatten.

Ein willkommenes Nebenergebnis ihrer Leistungen waren für einen auf dem Posthorn versierten Postillion die reichlicher fließenden Trinkgelder. Hervorragende Bläser konnten von der Obersten Sächsischen Postbehörde in verschiedener Form ausgezeichnet werden.

In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts führte die Preußische Postbehörde eine Neuerung bei der Instrumentenausstattung ihrer Postillione ein – die Posthörner wurden durch Trompeten, ähnlich den Signaltrompeten der Kavallerie, ersetzt. Auch in Sachsen ging man vom Posthorn auf die Posttrompete über, eine gestreckte Naturtrompete mit Kesselmundstück. Man wollte es auch hier der Kavallerie gleich tun. Im Gegensatz zu Preußen, wo die Posttrompeten Es-Stimmung hatten, fertigten die sächsischen Instrumentenbauer die Posttrompeten, wie vorher schon die Posthörner, in D-Stimmung an, da auch die sächsische Kavallerie bis 1867 nur Instrumente in D- und A-Grundstimmung blies.

Erst um 1870 kamen in Sachsen die runden Posthörner wieder in Gebrauch. Dieser ca. 40 Jahre währende „Posttrompetenkrieg“ wurde bisher kaum besondere Beachtung gewidmet.

Die sächsischen Postillione mussten vor Antritt ihrer Profession eine Unterweisungszeit in allen bläserischen Fertigkeiten bei einem erfahrenen Postillion oder einem Kavallerietrompeter absolvieren.

Welche Bedeutung der Ausbildung und der bläserischen Praxis der Posttrompeter damals beigemessen wurde, beweist die 1828 in Leipzig erschienene Sächsische Posttrompetenschule. Ein einzigartiges Dokument bläserischen Gebrauchsmusizierens, das neben einer preußischen „Anleitung zum Trompeteblasen für die Königl. Preußischen Postillione (Berlin 1828)“ in seiner Art wohl einmalig ist. Leider existieren davon nur noch sehr wenig Exemplare. Der Originaltitel:

„Trompeten-Schule“ für die Königl. Sächsischen Postillione nebst einer Musikbeilage, Beispiele, die Signale und 12 zwei- und dreistimmige leichte Tonstücke enthaltend, Leipzig 1828″

Der Verfasser ist leider unbekannt.

In acht Kapiteln und einer dreiteiligen Notenbeilage erhält der Postillion Unterweisung in allem, was er erlernen und beherrschen soll. Darin sind auch Bemerkungen zu finden, die uns heute fast kurios erscheinen, aber die Art der Belehrung in der damaligen Zeit widerspiegeln Einleitend wird die Bedeutung der Posttrompete und die Verantwortung des Postillions bei ihrem Erlernen praktischem Gebrauch betont:

„Daher sie gegen sich selbst handeln würden, wollten sie hierin gleichgültig bleiben und nicht jede müßige Stund benutzen, sich auf dem Instrumente zu vervollkommnen, das ihrem Berufe einverleibt ist, und neben den wesentlichen so angenehme Zwecke erfüllen kann“.

Weiter wird die Beschaffenheit und die Pflege des Instruments beschrieben : „Beim Blasen sammelt sich in der Trompete sehr bald Feuchtigkeit, die sich ohne Anwendung umständlicher Mittel nie sogleich gänzlich wegschaffen lässt. Gesellt sich zu dieser Feuchtigkeit Staub, so bildet sich eine Decke an der inneren Röhre, wodurch diese verengert und das Instrument verstimmt wird. Um die Trompete von dem gesammelten Wasser zu entledigen, darf man nur die Luft mittelst des Mundstückes an sich ziehen. Mit ihr zugleich drängt sich das Wasser nach dem Munde. Sobald man dieses wahrnimmt, hebt man das Mundstück ab, hält die Trompete so, dass die Stürze nach oben zeigt und lässt nun das Wasser austräufeln“. „Sehr nachteilig für das Instrument ist das Verbeulen, wodurch das freie Ausströmen des Tones behindert wird“.

Es werden die Schlüssel, Notenwerte, Pausen, Vorzeichen, Dynamik, Tempobezeichnungen und Taktarten erklärt. Hinweise zu Instrumentenhaltung und Ansatz folgen. Ein Kapitel befasst sich mit dem Tonumfang und dem Blasen von Tönen, die nicht zur Naturtonreihe gehören:

„Die nicht reinen Töne können auf künstlerische Weise und zwar durch Stopfen dergestalt hervorgebracht werden, daß man die zusammengefügten Finger der linken Hand in die Stürze steckt, wodurch ein tieferer Ton bewirkt wird. Die möglichst reine Angabe dieser künstlich erzeugten Töne, die übrigens stets schwächer erklingen, erfordert viele Übung“.

Zuletzt werden Erläuterungen zum „Vortrag mehrstimmiger Musikstücke“ gegeben. In der Notenbeilage sind verschiedene Postsignale und zwei- und dreistimmige kleine Bläserstücke angefügt.

Mit der Entwicklung und Verbreitung der modernen Verkehrsmittel ging um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Zeit der Postillione zu Ende. Diese oft romantisierte Zeit der Posthornmusik, quasi einem Randgebiet der Blasmusik, sollte nicht in Vergessenheit geraten. Sie ist ein Stück sächsischer Blasmusikgeschichte.

Posthornbläser